Neurodermitis ist für viele Menschen ein täglicher Kampf: trockene, juckende Haut, Entzündungen, Kratzen bis es blutet – und oft der verzweifelte Versuch, endlich Linderung zu finden. Neben Cremes, Kortison und Diätumstellungen rückt in den letzten Jahren ein Thema besonders in den Fokus: Probiotika.
Doch welche sind wirklich sinnvoll? Können Milchsäurebakterien aus der Kapsel oder dem Joghurt wirklich helfen, die Haut zu beruhigen? Und welche Stämme haben die besten Nachweise? In diesem Beitrag bekommst du einen klaren Überblick über die aktuelle Studienlage – verständlich erklärt – und erfährst, warum besonders Lactobacillus paracaseiLP-33 und GMNL-133, aber auch andere Stämme wie L. rhamnosus GG oder Bifidobacterium lactis, für viele Betroffene interessant sind.
Der Zusammenhang zwischen Darm und Haut
Unser Darm ist weit mehr als nur ein Verdauungsorgan. Er ist ein riesiges Immunorgan – rund 70 % aller Immunzellen des Körpers sitzen in seiner Schleimhaut. Gerät die Darmflora (das sogenannte Mikrobiom) aus dem Gleichgewicht, kann das Auswirkungen auf die gesamte Körperabwehr haben – und damit auch auf die Haut.
Bei Neurodermitis kommt es häufig zu einer Überreaktion des Immunsystems. Das Immunsystem reagiert zu stark auf eigentlich harmlose Reize, die Hautbarriere ist gestört, und Entzündungen breiten sich aus. Wenn nun der Darm durch ungesunde Ernährung, Stress oder Antibiotika geschwächt ist, gerät auch das Immungleichgewicht weiter aus der Bahn.
Probiotika können hier ansetzen: Sie helfen, das bakterielle Gleichgewicht im Darm zu stabilisieren und Signale an das Immunsystem zu senden, die Entzündungen beruhigen. Diese Wechselwirkung nennt man die Darm-Haut-Achse.
Wie Probiotika bei Neurodermitis wirken können
Probiotika können auf verschiedene Weise Einfluss auf die Haut nehmen:
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Sie regulieren das Immunsystem.
Bestimmte Bakterienstämme unterstützen die Bildung sogenannter T-Regulatorzellen, die Entzündungen im Körper dämpfen. -
Sie stärken die Darmbarriere.
Ein gesunder Darm lässt weniger Schadstoffe und Allergene durch, die sonst Entzündungen anheizen könnten. -
Sie fördern antientzündliche Botenstoffe.
Probiotische Bakterien produzieren kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, die systemisch wirken und Entzündungen senken. -
Sie können allergische Reaktionen abmildern.
Besonders Lactobacillus paracasei ist dafür bekannt, übermäßige IgE-Reaktionen zu bremsen – ein zentraler Punkt bei atopischen Erkrankungen.
Das klingt vielleicht theoretisch – aber in vielen klinischen Studien zeigte sich, dass diese Mechanismen tatsächlich spürbare Verbesserungen bringen können.
Die besten untersuchten Probiotika bei Neurodermitis
1. Lactobacillus paracasei LP-33 – der Klassiker bei Allergien
LP-33 ist einer der bekanntesten probiotischen Stämme und wird schon lange bei allergischen Beschwerden wie Heuschnupfen eingesetzt. Studien zeigen, dass er das Immunsystem in Richtung „Balance“ bringt und übermäßige Reaktionen dämpft.
Auch wenn die Forschung zu Neurodermitis speziell etwas kleiner ist, gibt es Hinweise, dass LP-33 bei Menschen mit atopischer Veranlagung den Hautzustand verbessern kann – insbesondere, wenn Allergien eine Rolle spielen. Viele Betroffene berichten von weniger Juckreiz und ruhigeren Schüben nach einigen Wochen.
Sein großer Vorteil: LP-33 gilt als sehr gut verträglich und ist in verschiedenen Kombipräparaten verfügbar.
2. Lactobacillus paracasei GMNL-133 – Studienliebling aus Taiwan
Dieser Stamm wurde in einer großen, placebokontrollierten Studie an über 200 Kindern mit Neurodermitis untersucht. Das Ergebnis war beeindruckend: Nach zwölf Wochen hatten die Kinder in der Probiotika-Gruppe deutlich geringere Hautentzündungen, weniger Juckreiz und insgesamt eine bessere Lebensqualität.
Auch Blutwerte, die auf Entzündung hinweisen, besserten sich. GMNL-133 scheint also direkt auf das Immunsystem einzuwirken und übermäßige Entzündungsreaktionen zu bremsen.
Dieser Stamm wird zunehmend in hochwertigen Probiotika für empfindliche Haut oder Allergiker verwendet. Sein Vorteil: Er wirkt gezielt antientzündlich, ohne die Darmflora stark zu verändern – ideal also für empfindliche Menschen.
3. Lactobacillus rhamnosus GG – der „Allrounder“
L. rhamnosus GG ist der vielleicht bekannteste probiotische Stamm überhaupt. Er wurde in unzähligen Studien untersucht und gilt als sicher und effektiv. Bei Neurodermitis zeigte sich, dass er vor allem präventiv hilfreich ist – also, um das Risiko bei Kindern mit familiärer Vorbelastung zu senken.
Wenn Mütter in der Schwangerschaft und Stillzeit Probiotika mit L. rhamnosus GG einnahmen, hatten ihre Kinder später deutlich seltener Neurodermitis. Auch bei bestehenden Hautproblemen kann dieser Stamm helfen, Schübe abzumildern und die Hautbarriere zu stärken.
Er ist häufig in Kombipräparaten enthalten und hat einen sehr guten Sicherheitsnachweis.
4. Lactobacillus fermentum – der Schutzfilm-Bildner
Ein weiterer interessanter Stamm ist Lactobacillus fermentum. Studien zeigen, dass er die Hautbarriere stärkt und die Feuchtigkeit in der oberen Hautschicht verbessert. In Kombination mit anderen Stämmen (z. B. L. paracasei GMNL-133) kann er die Wirksamkeit sogar noch erhöhen.
Manche Forscher vermuten, dass L. fermentum die Produktion bestimmter Lipide in der Haut anregt – was gerade bei trockener, rissiger Neurodermitis-Haut hilfreich ist.
5. Bifidobacterium lactis – der stille Unterstützer
Bifidobacterium lactis ist ein Darmbewohner, der besonders im Dickdarm aktiv ist. Er hilft, Entzündungen zu senken und die Immunabwehr zu stabilisieren. Studien deuten darauf hin, dass Produkte mit B. lactis (häufig kombiniert mit Lactobacillus-Stämmen) Hautreizungen und Trockenheit verbessern können.
Vor allem für Menschen mit empfindlichem Verdauungssystem oder Kindern ist dieser Stamm interessant, weil er sanft wirkt und kaum Nebenwirkungen zeigt.
Vergleich der wichtigsten Probiotika bei Neurodermitis
| Probiotischer Stamm | Studienlage | Hauptwirkung | Besonderheit | Verträglichkeit |
|---|---|---|---|---|
| L. paracasei LP-33 | Sehr gut untersucht (v. a. bei Allergien und Neurodermitits) | Entzündungshemmend, allergiehemmend | Ideal bei allergischer Neurodermitis | Sehr gut |
| L. paracasei GMNL-133 | Klinisch belegt bei Neurodermitits | Reduktion von Entzündungen und Juckreiz bei Neurodermitits | Nachweislich Verbesserung | Sehr gut |
| L. rhamnosus GG | Sehr viele Studien aber weniger für Neurodermitits | Immunmodulierend, Barriere-stärkend | Gute Prävention bei Kindern | Gut |
| L. fermentum | Wachsende Evidenz | Hautbarriere stärkend | Ideal in Kombination | Gut |
| B. lactis | Unterstützende Studien | Immunbalancierend | Gute Ergänzung bei empfindlichem Darm | Sehr gut |
Wie lange sollte man Probiotika einnehmen?
Probiotika wirken nicht über Nacht. In Studien dauerte es meist 8 bis 12 Wochen, bis sich erste Verbesserungen zeigten. Wer nach zwei Wochen aufgibt, verpasst oft den eigentlichen Effekt.
Idealerweise nimmt man die Kapseln über mehrere Monate ein – und beobachtet dabei genau, wie sich Haut, Verdauung und allgemeines Wohlbefinden verändern. Ein Ernährungstagebuch kann dabei helfen.
Auch eine kurze „Ruhephase“ von ein bis zwei Wochen nach längerer Einnahme ist möglich, um zu testen, ob sich der Effekt hält.
Wie finde ich ein gutes Präparat?
Nicht alle Probiotika sind gleich. Wichtig ist, dass auf der Packung der exakte Stammname steht – also nicht nur „Lactobacillus paracasei“, sondern z. B. „Lactobacillus paracasei LP-33“. Nur dann kann man sicher sein, dass das Produkt den untersuchten Bakterienstamm enthält.
Außerdem sollte die Anzahl der Keime (meist angegeben in KBE – koloniebildende Einheiten) pro Tagesdosis klar erkennbar sein. Gute Produkte liegen zwischen 1 Milliarde (10⁹) und 10 Milliarden (10¹⁰) Keimen pro Tag.
Wer empfindlich reagiert, kann mit einem Einzelstammpräparat starten, um die Verträglichkeit zu testen, bevor er Kombinationen ausprobiert.
Was sagen Betroffene?
Viele Neurodermitis-Patientinnen und -Patienten berichten, dass sich durch Probiotika ihr Hautbild stabilisiert und Schübe seltener oder milder werden. Häufig wird auch der Juckreiz geringer und die Haut fühlt sich insgesamt „ruhiger“ an.
Natürlich gibt es auch Menschen, bei denen sich nichts ändert – oder sogar kurzfristig eine leichte Verdauungsumstellung auftritt. Das ist normal und oft nur vorübergehend. Der Schlüssel ist Geduld und die Wahl des richtigen Stammes.
Grenzen und realistische Erwartungen
So positiv die Forschung klingt – Probiotika sind kein Wundermittel. Sie können die Haut nicht „heilen“, aber sie können helfen, das Immunsystem ins Gleichgewicht zu bringen und Entzündungen abzuflachen.
Vor allem bei Kindern und Menschen mit leichter bis mittelschwerer Neurodermitis sind die Chancen auf eine spürbare Verbesserung am größten. Aber auch bei schweren Fällen können Probiotika ihre Wirkung entfalten. So führte eine Einnahme von Lactobacillus paracasei GMNL-133 zu einer Verringerung deiner schweren Neurodermitits hin zu einer leichten.
Probiotika sind eine Ergänzung, kein Ersatz – aber eine, die viele Betroffene als angenehm und unterstützend empfinden.
Praktische Tipps für den Alltag
Eine probiotische Kur wirkt am besten, wenn sie Teil eines ganzheitlichen Ansatzes ist:
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Eine entzündungsarme Ernährung (viel Gemüse, Ballaststoffe, Omega-3-Fettsäuren).
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Ausreichend Schlaf und Stressreduktion, da Stress Entzündungen verstärken kann.
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Sanfte Hautpflege ohne Duftstoffe, mit feuchtigkeitsspendenden Cremes.
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Regelmäßige Bewegung, um die Durchblutung und den Stoffwechsel der Haut zu fördern.
In Kombination kann das den Effekt der Probiotika spürbar verstärken.
Fazit: Kleine Bakterien, große Wirkung
Probiotika sind längst mehr als ein Trend. Immer mehr Studien belegen ihren Einfluss auf Haut, Darm und Immunsystem. Besonders bei Neurodermitis kann eine gezielte Einnahme bestimmter Stämme wie Lactobacillus paracasei (LP-33 und GMNL-133), L. rhamnosus GG, L. fermentum und Bifidobacterium lactis den Unterschied machen. Insbesondere Lactobacillus paracsei LP-33 und GMNL-133 sind für eine Anwendung bei Neurodermitits wissenschaftlich sehr gut untersucht. Sie helfen, Entzündungen zu reduzieren, den Juckreiz zu lindern und die Hautbarriere zu stärken – und das ganz ohne aggressive Medikamente.
Natürlich ist der Effekt individuell. Doch für viele ist die Kombination aus probiotischer Unterstützung, gesunder Ernährung und konsequenter Hautpflege der Weg zu deutlich mehr Lebensqualität.