Mundgeruch ist ein sensibles Thema – und betrifft doch Millionen Menschen weltweit. Studien schätzen, dass bis zu 30 % der Bevölkerung regelmäßig unter Halitosis (so der medizinische Begriff) leiden. Oft sind die Betroffenen selbst die Letzten, die davon erfahren – denn kaum jemand traut sich, andere direkt darauf anzusprechen. Dabei gibt es klare wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, was hinter dem schlechten Atem steckt – und wie man ihn gezielt bekämpfen kann.
In diesem Artikel erfährst du, warum Mundgeruch entsteht, welche Rolle dein Mundmikrobiom spielt und wie du mit fünf fundierten Maßnahmen gegensteuern kannst. Eine davon: gezielt eingesetzte Probiotika, die die Bakterienbalance in deinem Mund nachhaltig verbessern können.
Was ist Mundgeruch überhaupt?
Mundgeruch entsteht überwiegend im Mundraum selbst – nur etwa 10 % der Fälle haben eine organische Ursache außerhalb des Mundes, etwa im Magen oder bei Erkrankungen der Atemwege. In den meisten Fällen produzieren anaerobe Bakterien (also solche, die ohne Sauerstoff leben) schwefelhaltige Gase beim Abbau von Eiweißen. Diese sogenannten volatilen Schwefelverbindungen (VSCs) – etwa Schwefelwasserstoff oder Methylmercaptan – riechen unangenehm faulig oder metallisch.
Die Bakterien finden sich vor allem in Nischen des Mundes: in Zahnzwischenräumen, Zahnfleischtaschen, auf der Zunge oder in Mandelkrypten. Wird dort nicht regelmäßig gereinigt oder herrscht ein Ungleichgewicht im Mundmikrobiom, gewinnen die Fäulnisbakterien die Oberhand – und Mundgeruch entsteht.
Tipp 1: Zungenreinigung – der unterschätzte Schlüssel
Die Zunge ist einer der größten Geruchsproduzenten im Mundraum. Besonders im hinteren Drittel sammeln sich abgestorbene Zellen, Speisereste, Bakterien und deren Stoffwechselprodukte. Dieser „Biofilm“ kann eine Hauptquelle für VSCs sein.
Regelmäßige Zungenreinigung mit einem Zungenschaber (nicht mit der Zahnbürste!) entfernt diese Beläge effektiv. Studien zeigen, dass dadurch die Konzentration an Schwefelverbindungen im Atem deutlich sinken kann. Idealerweise nutzt du einen Edelstahlschaber, da er hygienischer ist als Kunststoff. Eine tägliche Anwendung – am besten morgens nach dem Aufstehen – genügt.
Bonus-Tipp: Kombiniere die Zungenreinigung mit einer antibakteriellen Mundspülung auf pflanzlicher Basis, um verbliebene Bakterien zu deaktivieren.
Tipp 2: Ernährung – der Atem beginnt auf dem Teller
Was du isst, beeinflusst nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Atem. Knoblauch, Zwiebeln und Kaffee sind offensichtliche Übeltäter. Doch es gibt auch weniger bekannte Zusammenhänge.
Eiweißreiche Ernährung fördert die Produktion von VSCs, da die Bakterien Proteine in Aminosäuren wie Cystein oder Methionin zerlegen – die wiederum Schwefelverbindungen freisetzen. Besonders bei Low-Carb-Diäten kann sich das Problem verstärken, weil der Speichelfluss sinkt und das saure Milieu das Wachstum anaerober Keime begünstigt.
Setze stattdessen auf Lebensmittel, die:
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Speichelfluss anregen (z. B. frische Kräuter, Sellerie, Äpfel)
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Polyphenole enthalten, die antimikrobiell wirken (z. B. grüner Tee, Cranberries, Zimt)
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Ballaststoffe liefern, um das orale Mikrobiom zu diversifizieren
Eine Ernährung mit vielen pflanzlichen Komponenten, ausreichend Flüssigkeit und moderater Eiweißzufuhr kann also spürbar zur Frische im Mund beitragen.
Tipp 3: Zahn- und Interdentalpflege – mehr als Zähneputzen
Zweimal täglich Zähneputzen ist Standard – aber das reicht meist nicht aus, um Mundgeruch zu vermeiden. Denn 90 % der schädlichen Bakterien befinden sich zwischen den Zähnen oder in Zahnfleischtaschen. Dort haben Zahnbürsten keine Chance.
Was du brauchst, ist eine konsequente Interdentalpflege:
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Zahnseide für enge Zwischenräume
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Interdentalbürsten für größere Lücken oder bei Parodontitis
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Mundduschen als Ergänzung bei empfindlichem Zahnfleisch
Wichtig ist nicht nur die mechanische Entfernung von Belägen, sondern auch die Kontrolle entzündlicher Prozesse – denn Zahnfleischentzündungen (Gingivitis, Parodontitis) sind häufige Verursacher von VSCs.
Zahnarztbesuche alle 6 Monate, professionelle Zahnreinigungen und der Verzicht auf Rauchen helfen ebenfalls, das orale Mikrobiom im Gleichgewicht zu halten.
Tipp 4: Probiotika – Bakterien gegen Bakterien
Das klingt zunächst widersprüchlich: Bakterien gegen schlechten Atem? Doch genau das ist der Ansatz moderner Mund-Probiotika. Denn nicht alle Bakterien im Mund sind schlecht – viele erfüllen eine wichtige Schutzfunktion.
Wenn das Gleichgewicht im Mikrobiom kippt, können bestimmte probiotische Stämme helfen, das Milieu zu regulieren. Besonders effektiv gegen Mundgeruch sind laut Studien:
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Streptococcus salivarius M18
Dieser Stamm produziert sogenannte Bacteriocine, die pathogene Bakterien wie Fusobacterium nucleatum oder Solobacterium moorei unterdrücken können – beide gelten als Hauptverursacher von VSCs. -
Lactobacillus reuteri DSM 17938
Dieser Stamm kann Entzündungen im Zahnfleisch reduzieren und so indirekt die Quelle für unangenehme Gase minimieren. -
Weißrindenkäse-Probiotika (z. B. Lactobacillus casei)
Einige Studien zeigen, dass regelmäßiger Verzehr probiotischer Lebensmittel (wie fermentierter Käse oder Kefir) das orale Mikrobiom stabilisieren kann.
Die Einnahme sollte regelmäßig und über mindestens 4 Wochen erfolgen. Besonders empfehlenswert sind Lutschtabletten oder Mundsprays – so gelangen die probiotischen Kulturen direkt dorthin, wo sie wirken sollen.
Tipp 5: Speichel aktivieren & Trockenheit vermeiden
Mundtrockenheit ist einer der häufigsten Verstärker von Mundgeruch. Speichel wirkt antibakteriell, neutralisiert Säuren und transportiert Speisereste ab. Ist zu wenig Speichel vorhanden – z. B. durch Stress, Medikamente, Alkohol oder zu wenig Trinken – trocknet die Mundschleimhaut aus, und Bakterien können sich ungestört vermehren.
Was hilft:
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Ausreichend trinken: Mindestens 2 Liter Wasser pro Tag, regelmäßig über den Tag verteilt
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Zuckerfreie Kaugummis: Sie regen den Speichelfluss an und wirken mechanisch reinigend
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Mundspülungen mit Xylitol oder Aloe Vera: Diese wirken feuchtigkeitsspendend und antibakteriell
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Zuckerhaltige Bonbons meiden: Diese fördern Karies und das Wachstum geruchsbildender Keime
Speichelaktivität ist besonders morgens und nachts niedrig – daher ist Zungenreinigung und Wassertrinken nach dem Aufstehen besonders wichtig.
Der Zusammenhang zwischen Psyche, Darm und Mundgeruch
Ein oft übersehener Aspekt: Mundgeruch kann durch psychischen Stress verstärkt werden. Stress senkt die Speichelproduktion, verändert das Essverhalten und schwächt das Immunsystem – was wiederum das orale Gleichgewicht stört.
Zudem gibt es Hinweise auf eine Verbindung zwischen dem Darmmikrobiom und der Mundflora. Studien zeigen, dass Menschen mit Dysbiose (Ungleichgewicht im Darm) häufiger unter Zahnfleischentzündungen und Mundgeruch leiden. Hier kann ein ganzheitlicher Ansatz helfen:
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Darmfreundliche Ernährung
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Ballaststoffe und Präbiotika
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Gezielte probiotische Supplementierung
Fazit: Frischer Atem ist kein Zufall
Mundgeruch ist kein kosmetisches Problem – sondern ein Signal für ein mikrobielles Ungleichgewicht im Mund. Die gute Nachricht: Mit dem richtigen Wissen und etwas Disziplin lässt sich das Problem langfristig lösen.
Die wichtigsten Hebel:
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Tägliche Zungenreinigung mit hochwertigem Schaber
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Mikrobiom-freundliche Ernährung mit viel Flüssigkeit
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Gründliche Interdentalpflege – über Zahnbürste hinaus
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Gezielte Einnahme oraler Probiotika zur Milieuregulierung
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Aktivierung der Speichelproduktion und Stressabbau
Frischer Atem ist also kein Zufall – sondern ein Zusammenspiel aus Mundhygiene, Mikrobiologie und Lebensstil.