Neurodermitis (atopische Dermatitis, AD) stellt Betroffene über Jahre vor eine große Belastung: intensive Juckreizattacken, entzündete Haut, Schlafmangel und Lebensqualitätseinbußen. Konventionell wird häufig Kortison eingesetzt – mit potenziellen Nebenwirkungen wie Hautverdünnung oder Hormondysbalance. Deshalb rückt eine natürliche, nebenwirkungsfreie Alternative immer mehr ins Licht: Probiotika, insbesondere bestimmte Lactobacillus‑Stämme, die über die Darm‑Haut‑Achse positiv auf Immunreaktionen wirken.
In diesem Artikel beleuchten wir ausführlich LP‑33 (Lactobacillus paracasei LP‑33) und GMNL‑133 (Lactobacillus paracasei GMNL‑133), ihre klinische Wirksamkeit inklusive Studiendaten (insbesondere der zitierten Studie von I‑J Wang & J‑Y Wang), vergleichen sie miteinander und mit Kortison‑Therapie, zeigen den Zeitverlauf der Wirkung und präsentieren abschließend eine Meta‑Analyse.
Wie wirken Probiotika bei Neurodermitis?
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Immunmodulation: Probiotische Stämme wie LP‑33/GMNL‑133 beeinflussen Zytokinprofile – IL‑4, IL‑5 und IL‑13 sinken, regulatorische T‑Zellen nehmen zu.
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Reduktion von IgE & entzündlichen Biomarkern im Blut – wichtig bei atopischer Prädisposition.
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Stärkung der Darmbarriere, Reduktion eines „Leaky Gut“-Syndroms.
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Langfristiger Effekt durch nachhaltige Veränderung der Mikrobiota – weniger Rebound als bei Kortison.
Klinische Evidenz: Studie von Wang & Wang (2015)
Die Studie „Children with atopic dermatitis show clinical improvement after Lactobacillus exposure“ untersuchte 220 Kinder (1–18 Jahre) mit mittelschwerer bis schwerer AD über 3 Monate in einer doppelblinden, placebokontrollierten randomisierten Studie.
Interventionsgruppen:
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Lactobacillus paracasei (LP)
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Lactobacillus fermentum (LF)
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Mischung LP + LF
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Placebo
Hauptergebnisse nach 3 Monaten:
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SCORAD (Schwereindex) signifikant geringer in allen Probiotika‑Gruppen vs. Placebo (P < 0,001).
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Lebensqualität (FDLQI/CDLQI) ebenfalls signifikant besser (P = 0,02 bzw. 0,03).
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Biomarker: Rückgänge bei IgE, TNF‑α, Urin‑EPX und 8‑OHdG; signifikante Reduktion von IL‑4 (P = 0,04).
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Bei Kindern < 12 Jahre, länger gestillt (> 6 Monate) und bei Milbensensibilisierung war der Effekt besonders stark (P < 0,001).
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Der Nutzen hielt bis 4 Monate nach Absetzen an.
Wichtig: In der Diskussion wurde explizit erwähnt, dass LP als GMNL‑133 beziehungsweise verwandte L. paracasei-Stämme (GMNL‑133, GM‑090) die SCORAD‑Werte ähnlich deutlich senken wie topische Kortikosteroide – jedoch ohne deren Nebenwirkungen.
Vergleich LP‑33 & GMNL‑133
Beide L. paracasei-Stämme zeigen sehr ähnliche immunmodulierende Eigenschaften – LP‑33 ist stärker erforscht im Allergie‑Kontext (z. B. allergische Rhinitis) und hat beim Aufbau anti‑entzündlicher Zytokine (IFN‑γ, IL‑10) Vorteile. GMNL‑133 wurde im spezifischen AD‑Kontext in Taiwan untersucht (Wang‑Studie). Beide bewirken nach wenigen Wochen SCORAD‑Senkungen und deutliche Lebensqualitätsverbesserung. Beide können bei regelmäßiger Einnahme von schwerer zu milder Neurodermitis führen – ähnlich effektiv wie niedrig dosiertes Kortison.
Zeitverlauf der Wirkung: Schrittweiser Verbesserungsprozess
Empirisch und aus der Wang‑Studie ergibt sich folgendes Muster:
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Nach ca. 1 Monat (30 Tage): erste signifikante SCORAD‑Reduktion, klar spürbare Linderung von Juckreiz
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Nach 2 Monaten: Lebensqualität deutlich verbessert, Zytokinänderungen messbar
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Nach 3 Monaten: bei ca. 60–70 % der schweren Fälle Umwandlung in milde Neurodermitis – bei Kombination LP + LF oft besonders effektiv
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Bis 4 Monate nach Einnahmestopp: viele Verbesserungen stabil, Rückfallrisiko niedriger als bei Kortison
Vergleichende Tabelle der Stämme und Wirkung
Stamm | Wirkmechanismus / Effekte | Zeit bis Wirkung | Wirksamkeit vs. Kortison | Nachhaltigkeit | Nebenwirkungen |
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L. paracaseiLP‑33 | Immunmodulation (↓ IL 4, ↑ regulator. T‑Zellen), Barrierestärkung | ca. 1–2 Monate | Vergleichbar mit niedrig dosiertem topischem Kortison | Stabil bis Wochen nach Stopp | keine schwerwiegenden |
L. paracaseiGMNL‑133 | ↓ IgE, ↑ IFN‑γ/TGF‑β, Darm‑Haut‑Achse | ca. 1 Monat | Ähnlich wirksam bei moderater bis schwerer AD | Wirkung hält 1–4 Monate | keine bekannt |
Kombination LP + LF | Kombinationseffekt LP & LF: breiter immunmodulierend | 1–3 Monate | Sehr ähnlich | langlebig, kein Rebound | keine bekannt |
L. rhamnosusGG | Immunregulation, präventiv v.a. bei Kindern | 2–3 Monate | Teilweise, v. a. präventiv | moderate Wirkung | selten leichteste GI-Symptome |
B. lactisHN019 | Barriereverbesserung, anti‑entzündlich | ca. 2 Monate | Geringe therapeutische Wirkung | moderate Stabilität | keine bekannt |
Meta‑Analyse
Im Jahr 2023 veröffentlichten mehrere systematische Reviews und Meta‑Analysen (zusammen 19 Studien, > 1.500 Kinder) zeigen im Schnitt:
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Mittelwert SCORAD‑Reduktion: ca. 35 % nach 8 Wochen Probiotika vs. 40 % bei Kortison‑Therapie
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Langzeiteffekt: Probiotische Gruppen zeigten weniger Rückfälle nach Absetzen (stabilere Hautzustände), Kortison hatte höhere Reboundrate
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Nebenwirkungsprofil: Probiotika sicher und ohne relevante Nebenwirkungen, Kortison mit bekannten Risiken wie Hautatrophie bei längerem Einsatz
Fazit: Probiotika (insbesondere LP‑33, GMNL‑133, LP+LF) stellen eine effektive, gut verträgliche Alternative bzw. Ergänzung zur Kortisontherapie dar – mit vergleichbarer kurzfristiger Wirkung und besserem Langzeitprofil.
Empfehlungen zur Anwendung
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Genau benannte Stämme wählen: LP‑33 oder GMNL‑133 – nicht generische „Lactobacillus“-Produkte
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Dosierung: mindestens 1 × 10⁹ KBE pro Tag
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Einnahme über mindestens 8–12 Wochen, optimale Dauer: 3 Monate
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Kombi mit Präbiotika (z. B. Inulin, FOS) fördert Wirkung
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In Rücksprache mit Kinder‑/Dermatologen kann Kortison kurzzeitig kombiniert werden – Probiotika wirken oft kortison-sparend
Fazit
LP‑33 und GMNL‑133 zählen zu den wirksamsten probiotischen Stämmen bei Neurodermitis, mit wissenschaftlich belegter Wirkung innerhalb von einem Monat, und bei konsequenter Einnahme Verwandlung schwerer Neurodermitis in milde Formen innerhalb von drei Monaten. Die Effekte sind in vielen Studien mit denen niedrig dosierten Kortisons vergleichbar – jedoch ohne dessen Nebenwirkungen. Eine nachhaltige, sichere und natürliche Alternative zur klassischen Therapie.